Patagonien – Carretera Austral

Beim Verlassen von Puerto Montt war es regnerisch. Im Dunst radelte ich am Meer entlang bis zur ersten Fähre. Diese fuhr noch regelmäßig, die nächste dagegen nur noch zweimal am Tag. Somit mußte man schon ein wenig planen um nicht zu lange auf ein Schiff zu warten. Damit war ich auf der berühmten Carretera Austral, eine 1240km lange Straße durch das nördliche Patagonien in Chile, bis runter nach Villa o’Higgins. Die meist ungeteerte und teilweise in üblem Zustand befindliche Strecke wurde noch unter dem Pinochet Regime in den 1980er Jahren mit einer Bauzeit von 20 Jahren errichtet. Die kleineren Orte waren vorher nur über Argentinien erreichbar. Da es ein logistisch großer Aufwand ist Waren in die Gegend zu bringen waren die Preise entsprechend hoch.
Die jetzt stark angewachsene Holländische Radelgruppe holte ich schnell wieder ein und wir kurbelten gemeinsam nach Chaiten. Dabei passierten wir den bekannten Nationalpark Pumalin in welchem der gleichnamige Vulkan stand und noch vor sich ‘hinblubberte’. Dieser brach erst 2008 aus und zerstörte einige Hektar Wald in der Gegend. U.a. auch die Fahrstraße, welche dadurch längere Zeit gesperrt war. Der Park selbst wurde von Doug Tompkins zusammengekauft und das Areal als eine Art privater Nationalpark deklariert. Tompkins, der Firmengründer der Outdoorfirmen wie Northface und Patagonia kaufte gemeinsam mit seiner Frau mehrere Hektar Land in Patagonien um diese zu schützen. Damit machte er sich in der Gegend nicht überall beliebt. So gab es immer wieder Aufkleber an den Supermärkten (Patagonia sin Tompkins) welche gegen ihn gerichtet waren. In einer anderen Kampagne, welche ebenfalls oft zu sehen war, ging es um den Protest gegen Stauseen zu Stromerzeugung. Einzelnen Flußtäler sollen in Patagonien gestaut und Strom produziert werden. Über neu anzulegende Hochspannungsleitungen soll der Strom bis in den Norden Chiles, in welchen sich die Energiehungrigen Minen befanden transportiert werden. Für die Landschaft hieße das, Wälder müssten großflächig zum Bau der Leitungen gerodet werden.
Wieder am Meer angelangt erreichten wir Puyuhuapi, ein kleiner Ort welcher von Deutschen Auswanderern aus Sudetendeutschland gegründet wurde. Die klimatischen Verhältnisse waren ähnlich ihrem heimischen Rossbach und somit ließen sie sich hier nieder. Selbst trennte ich mich mal wieder von der großen Reisegruppe und fuhr mit den zwei Franzosen zu dem bekannten Hängegletscher Ventisquero. Der Parkranger wollte uns erst nicht in den Campingplatz lassen, da dieser voll war. Wir standen ziemlich mißmutig und nörgelnd lange am Eingang herum und beratschlagen uns. Irgendwann war dann ein Platz frei, der Ranger plötzlich sehr freundlich und wir konnten unterhalb des tollen Gletscher übernachten. Der Grund für den schnellen Wandel blieb uns jedoch unklar.
In Puerto Cisnes machte ich noch einen kleinen Abstecher ans Meer, hier waren so gut wie keine Touristen mehr unterwegs. Ein nettes, etwas verschlafenes Dorf welches vorwiegend von den in den Fjorden befindlichen Lachsfarmen lebte. Der Lachs wurde hier irgendwann einmal angesiedelt sind die Lebensbedingungen ähnlich dem Nordmeer. Allerdings gab es ihn vorwiegend aus Aquakulturen, welche umwelttechnisch immer wieder in der Kritik stehen.
Abends stieß ich auf drei chilenische Radler, welchen ich schon x-Mal begegnet bin. Somit gab es wieder ein nettes Zusammensein mit Gleichgesinnten. Überhaupt traf ich auf der Carretera Austral so viele Reiseradler wie auf der ganzen Tour nicht. Die Strecke war trotz der teilweise sehr schlechten Straßenverhältnisse bei Tourenradlern sehr beliebt. Da man mehr oder weniger dieselbe Geschwindigkeit hat, begegnete ich immer wieder denselben Radtouristen. Für ein paar Wochen war es schon fast wie eine kleine Familie. Man campte mal mit jenen, dann zog man alleine weiter und traf wieder andere. So ging das die Ganze Strecke entlang. Tips, wie z.B. die schönsten Übernachtungsplätze wurden getauscht oder wo man am besten was noch einkaufen sollte. Gab es doch Abschnitte in welchen man ein wenig vorsorgen sollte.
In der größten Stadt der Ruta 7 (so die offizielle Bezeichnung der Carretera Austral) in Coyhaique landete ich mal wieder in einem ‘Deutschen Hostel’ und konnte mich mit frisch gebackenem ‘deutschen’ Brot auf den zweiten Teil der Carretera vorbereiten.
Am Cerro Castillo, einem der Wahrzeichen der Carretera probierte ich mal wieder eine Rucksack- und Zelt Tour. Leider machte mir das Wetter wieder einen Strich durch die Rechnung und ich mußte nach knapp zwei Tagen abbrechen. Auf den Bergen gingen extrem starke Winde mit zusätzlichem Regen. Im Tal dagegen war es wesentlich entspannter. So zog ich weiter bis Cochrane, einem kleinen Nest welches die letzte größere Station vor Villa o’Higgins war. Ich traf wieder auf einige Radler, und bewältigte den letzten Teil mit einem Deutschen Pärchen. Auf den über 200km, mit teilweise sehr schlechter Straße gab es wiedermal nichts zu kaufen. In einer extra für Radler hergerichteten Hütte freuten wir uns auf ein Feuer und eine windstille Umgebung. Es war feucht und durch den Wind trafen wir vollkommen durchgefroren an. Mit entgegenkommenden Radlern machten wir es uns in der Bude gemütlich um am nächsten Morgen den letzten Tag auf der Carretera zu strampeln. In Villa o’Higgins angekommen gönnten wir uns erst einmal ein Hostel. Keiner wollte bei dem ungemütlichen Wetter nochmal ins Zelt. Ein sehr gemütliches Haus in welchem ebenfalls viele Radler abstiegen. Die Carretara hinterläßt bei Radler und Rad so einige Spuren. Überall hingen defekte Felgen, geplatzte Reifen, gerissene Gepäckträger, Lenker und sogar gebrochene Rahmen herum. Aber sie war bewältigt! Gefeiert wurde mit einem großen ‘Asado’. Irgendjemand hat das Viertel einer Kuh aufgetrieben und die landete schließlich auf dem Grill. Die folgenden Tage ließen aber nicht unbedingt Radelspaß aufkommen. Mit einem Boot über den ‘Lago o’Higgins’ und dann weiter mit dem schweren Rad auf Wanderwegen zurück nach Argentinien. Es wird ein kleines Abenteuer werden…

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2 Antworten auf Patagonien – Carretera Austral

  1. Frank und Gise sagt:

    Guten morgen Jörg, erst mal herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag am Ende der Welt. Glückwunsch auch für das Durchhalten in den 2 Jahren auf dem Sattel und den Biss den Du gezeigt hast – alle Achtung. Nun freuen wir uns, wenn Du wieder daheim bist. Komm gut heim. Übrigens auch noch frohe Ostern – “Dein Osterei liegt unter dem 3. Stein südlich von links, leider im Schnee. ” Gise und Frank

    • admin sagt:

      Hallo miteinander,

      vielen Dank!

      Das wars… die ‘RideSouth’ Tour ist zuende. Sehr viel weiter geht es nicht mehr… Bei Schneefall und glatten Strassen hier am ‘Ende der Welt’ angekommen. Jetzt kommt die ‘Heimreise’. Die wird auch noch spannend, :-).

      Und ja, es wird hier im Blog weitergehen… keine Sorge…

      Viele Gruesse
      Snuggel – Ushuaia

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