Leckere Landschaften in Patagonien

Pünktlich zur Abfahrt der Fähre über den ‘Lago o’Higgins’ war ein Großteil der ‘Carretera Austral’ Radelfamilie anwesend. Ab jetzt fuhr das Boot auf die andere Seite nur noch selten, denn es war spät in der Saison, vorallendigen wenn man noch nach Feuerland wollte. Bevor es aber über die Grenze ging, wurde nochmal ‘Nikko’, mein Argentinischer Rucksack gepackt. Mit dem deutschen Radlerpärchen Andrea und Felix wollten wir eine mehrtägige Wanderung zum o’Higgins Gletscher machen. Nachdem alle anderen Radler die Fähre verließen und sich auf den Weg über den Pass nach Argentinien machten, blieben wir noch den restlichen Tag auf dem Schiff und klapperten mit Angestellten der Gemeinde die Enstancias am See ab. Ein einsames Leben weit abseits der Zivilisation, kam nur einmal pro Woche ein Boot vorbei. Die Landschaft um den See war karg und bestand vorwiegend aus von ehemaligen Gletschern abgeschliffenen Felsen. Trotzdem haben sich hier ein paar Bauern niedergelassen und bewirtschaften die wenigen vorhanden Flächen.
Am letzten Halt, nach 12 Stunden auf dem Boot setzten auch wir endlich mit dem Beiboot über. Der Estanciabesitzer begrüßte uns mürrisch und verkniff sich ein Lächeln über die Touristen, welche bei diesem Schmuddelwetter hier zum Spaß durch die Gegend wandern wollten. Er ließ uns aber in einer kleinen Hütte mit Holzofen übernachten und setzte uns später auch noch mit seinem löchrigen Ruderboot auf die andere Flußseite über.
Am folgenden Tag war überraschenderweise herrliches Wetter und wir brachen zum Gletscher auf. Es wurde eine Schnitzeljagd. Konnten wir den Hauptweg wegen der vielen kleinen Kuhpfaden oft nicht finden. Diese endeten meistens im Nirgendwo und das vorankommen war schwierig. Nach einigem Hin und Her waren wir aber oberhalb des Sees und die Landschaft wurde zum Augenschmaus. Übergletscherte Gipfel, Eiswände und das riesige Eisfeld ‘Campo de Hielo Sur’, welches sich über die ganze Region erstreckte wurden sichtbar. Wir liefen noch bis zum Aussichtspunkt des o’Higgins Gletschers und genossen den wahnsinnigen Ausblick. Die Eismassen ragten direkt vom Wasser auf. Lösten sich große Eisbrocken, konnte man das aufklatschen der Eisberge im See auch in weiter Entfernung noch hören.
Zurück bei unseren Rädern, welche bei den Chilenischen Polizisten verweilten machten wir uns auf den Weg über den Pass nach Argentinien. Das Wetter war gut und die berühmten Zacken Fitz Roys schon von weitem sichtbar. War es anfangs noch eine halbwegs befahrbare Straße, ging es ab der eigentlichen Grenze nur noch auf einem Trampelpfad weiter. Äste ragten in den Weg, große Steine mußten umrundet werden und oft war der Pfad extrem steil. Mehrere hundert Radler passierten die Strecke pro Jahr und so gut wie jeder ‘zerlegt’ irgend etwas an seinem Rad. Mir schlitzte es die eh schon mitgenommenen vorderen Ortlieb Taschen auf. Nein, es war kein Abenteuer was viele behaupten, sondern einfach nur Blödsinn. Würden die argentinischen Polizisten, welche ihr Quartier ein paar Kilometer unterhalb hatten hin und wieder ein paar Äste aussägen, hätte man wesentlich weniger Probleme. Aber es ist wie sooft ein Politikum zwischen Argentinien und Chile. Da die einen den einen Pass nicht ausbauen, wurde bei den anderen eben auch keine Wegpflege betrieben. In diesem Fall waren die Leidtragenden die Radler bzw. die Räder.
Bei den mürrischen argentinischen Grenzern angekommen mussten wir noch den Lago Desierto mit einer Fähre überqueren. Es war stürmisch und das Boot hatte Schwierigkeiten anzulegen. Um dem Bootsmann zu helfen stellte ich mein Rad am Bootsteg ab. Das vollbepackte Rad wurde von einer Windböe erfaßt und in den See befördert. Die im Wasser befindlichen Taschen liefen komplett voll. Zum Glück war ein Großteil des ‘Elektronikzoos’ auf der obenliegenden Seite. Trotzdem litten einige Dinge unter den mittlerweile völlig durchlöcherten und nicht mehr wasserdichten Taschen.
Als wir am nächsten Morgen erwachten, fiel Schnee und keine 100m höher waren die Wälder und Berggipfel weiß gezuckert. Es war kalt, die Landschaft jedoch herrlich. So freuten wir uns in El Chalten wieder auf ein warmes Hostel.
Das kleine Touristenstädtchen war der Ausgangspunkt für Wanderungen im Fitz Roy Gebiet, dem ‘Los Glaciers’ Nationalpark. Somit ging es wieder mit meinem Begleiter ‘Nikko’ für ein paar kleinere Touren per ‘Pedes’ in die Berge. Die Wanderwege waren voll. Touristen, gekleidet wie aus dem aktuellen ‘North Face’ Katalog quälten sich die Wege hoch. Das absolute Kontrastprogramm zu der Einsamkeit in den letzten Tagen. Die Landschaft war jedoch beeindruckend. Kein Wunder, war die Gegend eine der Hauptattraktionen Argentiniens. Nach einem Tag Pause ging es weiter, jetzt mit dem Langzeitradler Nando, zur nächsten Hauptattraktion des Landes. Der berühmte Petit Moreno! Einer der weltweit wenigen Gletscher welcher noch wächst…

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Eine Antwort auf Leckere Landschaften in Patagonien

  1. Horst - DL4SBK sagt:

    Hallo Jörg,
    beim UKW-Kontest am Wochenende fiel mir ein, dass ich mal wieder schauen müsste wie weit du inzwischen gekommen bist. Anscheinend hast du es bald geschafft!
    Grüße vom P06 – falls du überhaupt noch weißt was das ist ;-).

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