Taffes Zentralperu

Essen spielt bei Reiseradlern immer ein zentrale Rolle. Hier im Hochland der Anden, mit all den Pässen ganz besonders. Man kann soviel ‘futtern’ wie man will, die Klamotten ‘schlackern’ trotzdem. Wer ein paar Sol’s mehr ausgibt und nicht nur das Standard ‘Almuerzo’ Essen (meistens Huhn) in irgendwelchen Buden bestellt, kann in Peru ganz gut speisen. Gerade in den etwas größeren Städten. ‘Trucha’, die Forelle gibt es mittlerweile sehr oft, meistens fritiert. Oder ‘Lomo’, dabei handelt es sich, je nach Zubereitung um ein Rindersteak, oder picantes Geschnetzeltes. Seit Ecuador fand sich hin und wieder auch ‘Cuy’, das Meerschweinchen auf der Speisekarte. War ‘Chicha’, das Erfrischungsgetränk in den unteren Höhenlagen aus Kokos-, oder Ananassaft sehr lecker, wurde dieser in den Hochlagen aus Mais extrahiert und war eher gewöhnungsbedürftig. Am Wochenende wurde in Peru ausgiebig getrunken. Es ging einmal soweit, daß mir jemand ernsthaft meine zum Benzinkocher vorglühende Spiritusflasche leeren wollte. Ansonsten gab es Bier oder den ‘selbstgebrauten’ Chincha, welcher ebenfalls aus (fermentiertem) Mais hergestellt wurde. Hierzu bekam ich hin und wieder eine Einladung. Um abzulehnen, mußte ich mir immer wieder eine Ausrede einfallen lassen. Most trinkenden Schwaben, welche diesen auch zur Zahnbleiche benutzen, könnte das Gebräu ja durchaus schmecken, mir zieht es innerlich dagegen alles zusammen. An den Anstiegen traf ich hin und wieder Grüppchen, welche Cocablätter kauend schon stark ‘angeduddelt’ mir eine Art Zuckerrohrschnaps anboten. In alten Colaflaschen und Plastikbechern serviert ist auch dieser stark gewöhnungsbedürftig. Sprachen die Peruaner hier im Hochland alle Quechua, wollten sie mir das bei dieser Gelegenheit gleich beibringen. Hoffnungslos, da verdrehte es einem die Zunge, dazu braucht es wohl doch eine ordentliche Portion mehr Alkohol. Die Cocablätter sind allgegenwärtig, man kann sie getrocknet auf jedem Markt für wenig Geld kaufen. Meistens werden sie gekaut und steigern dann u.a. die ‘Arbeitsleistung’. Ohne ‘Coca’ kommen irgendwann die wenigsten zurecht. Mir dagegen waren sie aufgebrüht als ‘Mate de Coca’ Tee wesentlich lieber.

In Huaraz bot es sich an, einen Ausflug in den angrenzenden Nationalpark Huascaran zu machen. So tauschte ich die Radelsandeln gegen die ‘Bergturnschuhe’ und zog mit anderen aus dem Hostel los. Zum’ Lago 69′ auf 4600m. Die Traumhafte Kulisse der  ‘Cordillera Blanca’ zeigte sich. Am Folgetag überquerte ich die Bergkette mit dem Rad. Auf einer Schotterpiste zum Pastoruri Gletscher auf 4900m. Das Wetter spielte diesmal mit und es blieb trocken. Damit hatte sich die Schinderei gelohnt. Der Klimawandel war hier oben deutlich zu sehen, geht der Gletscher seit Jahren sehr stark zurück. Alte Markierungen in der Moräne machten es überdeutlich.

Kaum ging es aus dem Nationalpark wieder heraus, kamen die ‘Gringo’ Rufe. In Peru werden alle ‘Touristen’ als ‘Gringos’ bezeichnet, meistens ist das einfach die Art der Begrüßung, hier in der Gegend war es aber doch sehr negativ gemeint. Hin und wieder kamen bettelnde Kinder daher und hielten rotzfrech die Hand auf, wollten Geld, oder wenigstens ein ‘Caramello’ (Bonbon). Selbst die Hundeattacken wurden heftiger und aggressiver, der Stock kam täglich mehrmals zum Einsatz. Das wurde erst in der Gegend um Cusco herum wieder etwas besser.

So führte mich meine Tour über La Union weiter nach Huanucu, Cerro de Pasco, der mit 4300m höchstgelegen Stadt bis nach Huancayo. Mehr oder weniger der Peru 3 entlang. Auf dem Altiplano in Junin war es mal wieder soweit: Nachdem die hintere Felge schon gerissen war und ich diese zweimal getauscht hatte, war jetzt die vordere dran. Gleiches Problem, an der Flanke entlang gerissen. Junin, nur ein kleines Städtchen hatte einen Radladen und dieser gerade noch eine Felge ganz hinten im Lager, welche schon einmal eingebaut war. Super, sogar doppelt geöst. Der Mechaniker stellte sich auch nicht ganz so ‘gaggelig’ als die vorherigen an und wir konnten alles am späten Nachmittag noch reparieren. Nur mit dem Lager einstellen, daß konnte bisher noch keiner. Auch was ein Konus ist, war bisher noch keinem ein Begriff. Die Mäntel wurden immer mit dem Schraubenzieher abgezogen, ein Platten war damit vorprogrammiert. Diesmal hatte ich aber schnell meine ‘Made in Germany’ Montierhebel ausgepackt und nochmal Glück gehabt.

Auf dem Weg in das etwas netter aussehende Kolonialstädtchen Ayachuco ging es wieder unter 2000m. Es war wie eine Reise zurück nach Mexico. Überall Kakteen und extrem trockenes, heißes Wüstenklima. Danach stand die Letzte Etappe nach Cusco an. Noch ein paarmal runter auf unter 2000m und wieder rauf auf über 4000m mit bis zu 60km langen Anstiegen. Freute man sich auf die tolle Abfahrt war es frustrierenderweise Schotter, dauerte ewig und war ein ziemliches ‘geeier’. Vom Klima her war alles dabei: In den tiefen Lagen gab es Temperaturen bis zu 50 Grad, oben auf den Pässen dann Hagel und Minusgrade. Die Straßen waren im südlichen Teil Peru’s aber in wesentlich besserem Zustand, jedoch mit einigen Baustellen, um die Strecke irgendwann einmal komplett zu asphaltieren. Interessanterweise gab es seit langem wieder Polizeikontrollen. Wirklich jeder wurde angehalten und überprüft. Gesucht wurden Drogen, hat mittlerweile Peru den Kolumbianern in Sachen Produktion den Rang abgelaufen. Ab Anacayo nahm der Verkehr dann deutlich zu, kamen die vielen Reisebusse von der Küste her nach Cusco – dem Touristen ‘Mainstream’ kam ich damit wieder näher. Nach einem kleinen, letzten Pass war es aber dann soweit: die berühmte Stadt Cusco, das Tor zu Machu Pichu war erreicht. Vorallendingen gab es erstmal eine Kurbelpause, im La Estrellita, einem kleinen Hostal welches in der Radlerszene sehr bekannt ist. Dann hieß es: Langzeitradler unter sich und jeder hatte einen Berg Geschichten im Gepäck.

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Eine Antwort auf Taffes Zentralperu

  1. gerold sagt:

    Hi Jörg

    man man… einfach verrückt. Mach weiter so. Irgend einen wahnsinn braucht der Mensch. Da sind meine 5 Minuten mit dem Fahrrad zur arbeit Kindergarten, auch wenn es heute geschneit hat. Grüße Gerold

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