Heftiges, nördliches Peru

Der Grenzübergang nach Peru war der bisher Entspannteste. Sonderlich viel los war hier nie. Den ‘Grenzer’ mußte ich erst im Restaurant aufsuchen, so gesellte ich mich hinzu und wir erledigten gleich den ‘Smalltalk’. Meinen Einreisestempel gab es nach einem Besuch im Polizeigebäude in welchem die jungen Kerle aber vorwiegend an meinem Musikgeschmack interessiert waren. So mußte ich mir die Peruanischen Charts anhören und jedesmal meinen ‘Senf’ abgeben. Ich zeigte höflich meine gute Miene zum Spiel, konnte dem ‘Geduddel’ jedoch nicht wirklich etwas abgewinnen. War einfach nichts rockiges dabei, :-). Am Ende bekam ich dann 183 Tage Aufenthalt in Peru.
Gab es in Ecuador als Währung noch den klassischen US Dollar mußte ich hier in peruanische Sol’s tauschen. Sonst wuselten immer Geldwechsler an der Grenze herum und nervten, hier mußte man aber schon selbst aktiv jemanden suchen, der gewillt war zu tauschen. So wurde man von einem zum anderen geschickt. Irgendwann aber hat sich herumgesprochen, daß ein ‘Gringo’ Dollar verkaufen will.
In den ‘größeren Städten’ versuchte ich die kulinarische Abwechslung zu “Reis mit Huhn” in Form von “Burgern”. Bisher jedesmal ein Reinfall. Die Peruaner waren sich einig das ‘Ihr’ Burger aus einem mikroskopisch dünnen Stück Hackfleisch mit einer dazwischengeschichteten getrockneten Art Chips und einem Salatblatt bestand. Das ‘geliehene’ Burger King Logo auf der Speisekarte sollte dem ganzen den US Touch geben! So bestand das kulinarische Highlight einer aus Ecuador geschleppten und aus den USA importierten ‘Chili con Carne’ Dosen. Dazu natürlich Spaghetti, Reis fand keinen Weg mehr in meine Satteltasche. Eine ‘neue’ Köstlichkeit hierzulande gab es jedoch: Aus gestampften Kartoffeln und mit Eiern, oder Huhn (!) gefüllten sog. “Papas”, welche kurz in heissem Öl fritiert wurden. Schmeckten fast wie die fränkischen ‘Baggers’ und waren wirklich sehr lecker. Hin und wieder gab es immer noch ‘Bistek’, welches schon aus Mexiko bekannt war. I.d.R. eine Art Rindfleischgulasch, nur in den südlichen Ländern nicht mehr sonderlich gut gewürzt und gerade in ländlichen Bereichen aus einem zähen Lappen Fleisch. Allgemein fehlte es immer an Salz und es schmeckte alles ein wenig fade. Im ganzen Land bekannt, gab es ‘Inca Cola’ zu trinken, eine gelbe Flüssigkeit, welche mit Kohlensäure versetzt nach Kaugummi schmeckt und etwas gewöhnungsbedürftig war.
Radltechnisch ging für mich die ‘Schlammschlacht’ weiter. Waren die ersten 10km auf peruanischem Boden herrlich geteert mit überhaupt keinem Verkehr ging es ab Yambal im durch den Regen aufgeweichten Lehm weiter. Die Strecke führte mich erst nach Jaen, über Chota in die große Stadt im Kolonialstil, Cajamarca. Vor Jaen ging es an einem großen Fluß entlang, an welchem sich große Reisfelder auf gerade mal 500m Höhe befanden. Es war ein komplett anderes Klima, trocken und wüstenähnlich. Aber es war nur von kurzer Dauer, es ging wieder ‘aufwärts’ und die restliche Strecke wurde eine anstrengende Tour. Die Straßenverhältnisse waren wegen des schlechten Wetters extrem. Abgerutschte Hänge, Lehm und Schlamm liesen mich teilweise nur 35km/Tag vorwärtskommen.  Von der Landschaft hatte ich nicht viel, da ich in den höheren Regionen ab 2500m meistens im dichten Nebel kurbelte und so gut wie nichts sah. Kurz vor Cajamarca wurde es endlich durchgehend geteert, war hier eine der weltweit größten Goldmienen – Yanacocha. Beeindruckend wie hier im Tagebau Gold aus den Bergen geholt wurde. Eine Naturkatastrophe sondersgleichen. Ganze Hügel wurden auf gut 4000m abgetragen, gewaschen und in den darunterliegenden ‘Goldseen’ das Edelmetall extrahiert. Die Flüsse um die Mine sind alle kontaminiert. So wollte ich unterhalb der Mine mein Rad vom Schlamm befreien und es in einem Fluss von Hand waschen, kamen hektisch Bauarbeiter herbeigeeilt das tunlichst sein zu lassen – das Wasser wäre giftig, puh!
Die Tour ging über eine ‘abartige’ Route von Cajabamba u. Huamachuco nach Mollebamba. So wählte ich eine ‘Abkürzung’ direkt durch die Berge auf 4200m. Endlich waren keine Häuser mehr in Sicht. Das Peru, welches ich mir schon lange gewünscht hatte. Berge, Lagunen und keine Menschenseele, aber sehr anstrengend und mit sehr schlechten Wegen. Straße konnte man das nicht mehr nennen. Vorbei an kleineren und größeren Goldminen, welche es hier überall in den Bergen gab. Das Rad geschoben, getragen und partiell mit mehrmaligem hin und herlaufen vorwärts gebracht. Leider waren die Wege durch Erdrutsche nicht mehr passierbar, das wußten die Minenarbeiten vermutlich nicht, als sie mich auf einem extrem steinigen und bis zu 18% steilen Weg ins Tal schickten. Der “point of no return” war dann aber überschritten. Durchfragen mit bösen Überraschungen. So brauchte ich für knapp 3km gut vier Stunden. Ich war froh, als mir ein Schäfer später sagte es wären nur noch 100m um den Hügel herum zur lehmigen Hauptstraße! Damit hatte das ‘Radwandern’ dann hatte ein Ende und ich konnte wenigstens wieder FAHREN. Nochmal auf 3200m nach Pallasca und dann abwärts auf 600m. Wenn es durchgehend geteert wäre, eine heiße Abfahrt. Auf den Rüttelpisten aber bekam man vom bremsen nur einen Krampf in den Fingern. Trotzdem war die Fahrt, erst durch den Canyon des Rio Tablachacas, dann durch den bekannten ‘Canyon del Pato’, die Entenschlucht ein Erlebnis. Es ging durch viele unbeleuchtete Tunnels. Das sorgte bei den lokalen Bus,- Pickup, und LKW Fahrern für regelrechte Hupkonzerte. Kam auf ein Hupen keine Antwort donnerte man mit vollem Karacho durch den Tunnel, schlecht für den Radler, der sich als mehr oder weniger statisches Objekt auf dem bescheidenen Waschbrettschotter nach oben quälte und dann versuchte sich an der Tunnelwand dünn zu machen. Das Klima ‘unten’ in den Canyons war wieder sehr trocken und angenehm, aber kaum ging es aufwärts in Richtung Huaraz, dem Zermatt der Anden, kam der Regen. Die Bergkette ‘Cordillera Blanca’ mit den höchsten Bergen von Peru zeigte sich nur im Nebel und die Schneefallgrenze war erschreckend niedrig gefallen.

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Eine Antwort auf Heftiges, nördliches Peru

  1. Frank und Gise sagt:

    Hallo Neffe,
    etz wirsch g´wäscha..
    Deine “Radtour” ist schon was ganz besonderes — wir bewundern Dich – vor allem weil wir bisher noch kein einziges Wort des Bedauerns gelesen haben. Du kämpfst Dich einfach weiter– auch wenn Du noch lange nicht “durch” bist. Aber Du schaffst das, da sind wir überzeugt.
    Nur schönes Wetter ist einfach zu wenig Herausforderung- oder ???
    Mach´s gut und bleib gsond
    Frank und Gise

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