San Martin des los Andes

Irgendwie sah Mendoza an jeder Ecke gleich aus. Da war es dann doch an der Zeit nach ein paar Tagen Ruhe weiter auf der RN40 südwärts zu ziehen. Da sich ‘meine’ zwei Radelkumpanen wieder ein Teilstück sparten, kurbelte ich alleine durch die Weingegend. Außerhalb Mendozas sah man deutlich die Einkommensunterschiede. Hier wohnte die ‘Unterschicht’. An der Grenze zur Wüste, in der trockenen Gegend, welche kaum bewässert wurde.
Als das Tal wieder komplett trocken wurde, die Landschaft nur aus Büschen bestand und es keinerlei Schatten als Schutz vor der Sonne gab, fuhr ich auf die ‘alte’ 40. Eine ‘Abkürzung’ mit 160km, enlang des Andenkamms mit kleinen Pässen. Die zwei auf der Karte eingetragenen Orte entpuppten sich lediglich als Estancias. Diese waren zum Glück bewohnt und ich konnte bei den mürrischen Bewohnern wenigstens Wasser füllen. Ohne jede Antwort und ohne ein zustande gekommenes Gespräch bekam ich wortlos meine gefüllten Wasserflaschen überreicht. Sollte mir recht sein. In einer rauhen Landschaft herrschten eben rauhe Sitten. Auser ein paar verlassenen Minen gab sonst auf der sandigen Schotterstrecke nichts. Oft ging es kaum noch vorwärts, da hieß es dann, den mit Wasser gefüllten schweren Bock durch den Sand ziehen. Niemand war unterwegs, ganze drei Autos sah ich in den zwei Tagen. Hin und wieder dröhnten Dieselmotoren von Ölförderpumpen, welche hier einsam in der Abgeschiedenheit ihren Dienst verrichteten.
Nicht ganz unglücklich erreichte ich wieder geteertes Terrain und freute mich über eine Tankstelle. Mittlerweile war der ‘Pomelo’ Trink für mich schon zur Gewohnheit geworden. Gespritzter Grapefruit Saft. Sehr lecker! Mit Rückenwind erreichte ich schnell den durch das tragische Unglück der Chilenischen Rugby-Mannschaft bekannt gewordene Örtchen Malargüe. Hier wurde ein Teil des Rettungseinsatzes des Flugzeugabsturzes 1971 in den Anden durchgeführt.
Die trockene Wüstentour führe mich weiter durch die Orte Chos Malal, Barrancas nach Las Lajas. Wasser gab es nur selten so mußte man wieder vorausschauend planen. Von anderen Radlern hatte ich eine Liste mit ‘Wassertankstellen’, wie Estancias, Flüsse oder eben kleine Siedlungen. Von hier fuhr ich in Richtung der chilenische Grenze. Die Winde waren teilweise heftig. Je nach Windrichtung ging es nur mit 6km/h in der Ebene vorwärts. Wie so oft gab es nur Schotter und bei Gegenwind wurde man ‘sandgestrahlt’.
Ich folgte dem Rio Aluminie an welchen Ufern man herrlich kampieren und abends ein erfrischendes Bad nehmen konnte. Bis Junín des los Andes war es noch relativ ruhig auf der Straße. Dann kamen die Touristen. Es war Ferienzeit in Chile und Argentinien und ich kam dem ‘Lake Destrict’ mit all seinen Seen an welchen die Einheimischen Urlaub machten näher. In San Martin des los Andes war es dann vorbei mit der Ruhe. Hier herrschte Hochbetrieb und ohne Reservierung bekam man zu späterer Stunde nicht einmal einen Platz zum schlafen. Die Preise waren entsprechend hoch. Warum hier soviel los ist konnte ich nicht verstehen. Eine im europäischen ‘Alpenstil’ nachgebaute Stadt mit Holzhäusern. Vielen Schickimicki- und überteuerten Outdoor Läden. Ein Restaurant oder reihte sich an das andere, wobei sich die Speisekarten recht gut lasen, die Preise aber eher abschreckend wirkten. Alles in allem wirkte es extrem kitschig und etwas seltsam anmutend. Aber den Einheimischen schien es zu gefallen, bekam ich immer wieder den Tip, wie schön doch das Städtchen sei… Puh!
Auf einen Schlag wurde das Wetter schlechter, es regnete, wurde kalt und ungemütlich. Somit nutze ich das Schmuddelwetter, blieb in einem recht netten Hostel, genoß gute Argentinische Steaks und richtete mein Equipment ein wenig her. Es gab immer etwas zu tun. Statistisch gesehen ‘verreckt’ jeden Tag etwas. Meistens nur Kleinigkeiten. Nervig ist es alle weil. Da es sich um eine größere Stadt handelte, konnte ich wieder ein paar US-Dollar tauschen. Das leidige Thema in Argentinien. Die Wirtschaft im Lande ist im Sinkflug, jeder der etwas Geld hat kauft US-Dollars oder Euros auf dem Schwarzmarkt. Es ist eine Kettenreaktion, der Argentinische Pesos verlor mit jeder Woche mehr an Wert. Allerdings war es oft schwierig auf den Dörfern zu wechseln. Erst einmal musste ich jemanden finden der willig war zu tauschen. Nicht immer einfach, wurde immer getuschelt, gemunkelt, leise herumtelefoniert oder Zettelchen getauscht da man nicht darüber reden wollte. Der ‘Deal’ fand dann nicht selten in einem Hinterzimmer statt. Offiziell war es der Bevölkerung von der Regierung verboten Dollars zu kaufen. Für Ausländer war es ein lohnendes Geschäft, bekam man auf diesem Weg bis zu 30% mehr, als am Geldautomaten. Der Zustand des Landes ist prekär. Seit 2011 müssen ausländische Firmen ebenso viel an Waren ausführen wie sie importieren. So kaufte Porsche Wein und BMW Reis. Andere Firmen wie Apple spielten nicht mit und zogen ab. Im Gespräch gerade mit jüngeren stellte ich fest, sie hatten die Faxen dicke und wollten raus aus dem Land. Nicht wenige zog es nach Europa, sahen sie für sich keine Zukunft mehr in ihrem Heimatland.
Nach zwei Tagen zog es mich aber trotz des durchwachsen Wetters weiter. So radelte ich zwischen den ’7 Lagos’, den sieben Seen hindurch wiedermal über einen Andenpass vorbei an vielen Vulkanen auf die ‘andere’ Seite. Der war aber jetzt nur noch 1600m hoch, jedoch mit Rampen über 10% sehr steil und oben besonders kalt, aber ich war wieder in CHILE!

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