Vulkane in Ecuador

Auch in Ecuador war die Bevölkerungsdichte entlang der Panamerika hoch. Immer wieder kamen Häuser, eingezäunten Grundstücke und kleine Ansiedlungen. Damit war es schwer wilde Übernachtunsplätze zu finden. Ich fragte mich oft, wann denn die weiten, offenen Flächen wie in Alaska oder Kanada wiederkommen? Seit Mexiko ging das schon so, in Zentralamerika war es am heftigsten. Menschen, einfach überall Menschen. Man fand kaum ein Plätzchen um entlang der Straße in Ruhe Mittag zu machen. Selbst beim ‘Austreten’ wurde man von einem Typen, welcher mit seiner Machete durch den Busch stiefelte überrascht. Und immer kamen die selben Fragen, woher, wohin usw. War das schon die Vorstufe von ‘Dan Browns – Inferno’? Manchmal kam es einem so vor.
Da die Familien oft nur kleine Häuser mit nur einem Schlafzimmer (meistens auch Wohnzimmer in einem) für alle Mitglieder hatten, besaß der Einzelne keinerlei Privatsphäre. Um somit die Bevölkerung anzukurbeln gab es seit Mexiko sog. Auto,- oder 24 Stunden – Hotels. Diese befanden sich meistens außerhalb der Ortschaften, direkt an der Hauptstraße. Für jedes Zimmer das i.d.R. Stundenweise vermietet wurde, gab es es eine eigene diskrete Garage. Auch die Ein- bzw. Ausfahrten der Hotels waren durch einen Sichtschutz vor neugierigen Blicken geschützt.
Als Radler griff ich hin und wieder auf solche Unterkünfte zurück, waren es oft die einzigen vor Ort. Nach dem verhandeln konnte man eine ganze Nacht bleiben oder bekam einen speziellen 12+ Stunden Tarif. Die Zimmer waren in Rottönen gehalten, hatten viele Spiegel und waren ‘kuschelig’ eingerichtet. So kam es auch vor, daß es spät abends an der Hintertür klopfte. Freute man sich schon auf Damenbesuch, war es ‘nur’ die nette (ältere) Chefin, welche dem müden Radler eine starken Kaffee und Gebäck brachte. Was aber trotzdem sehr nett war, :-).

In Ecuador wurde es stellenweise besser mit der Besiedelungsdichte, gerade auf den Pässen (zwischen 3000m und 3500m) hatte man die Chance auf ein schönes Plätzchen mit toller Aussicht und ohne direkten Nachbarn. Schon in der ersten Nacht, als ich unterhalb der schneebedeckten Vulkane campierte, kratze ich morgens Eis vom Zelt. Es wurde ‘frischer’ und der lange eingepackte Daunenschlafsack kam wieder zum Einsatz.
So folgte ich im wesentlichen der Panamerika über Quito bis Ambato nach Cuenca und Loja. In Quito besuchte ich Santiago in seinem ‘Casa de Cyclista’, etwas außerhalb der Hauptstadt. In der Radlerszene war dieser bekannt wie ein ‘roter’ Hund. Da ich der einzige Gast war, hatte ich wiedermal die tolle Gelegenheit mit Ecuadorianischer Küche innerhalb der Familie verwöhnt zu werden. Irgend etwas vertrug ich jedoch nicht und schleppte die restliche Zeit in Ecuador eine Magen/Darm Geschichte herum, was die Steigungen gleich nochmal um ein paar Prozent steiler machte.
War der Norden des Landes noch dicht besiedelt und mit viel Verkehr, (gerade zwischen Quito und Ambato ist die PanAm teilweise sechsspurig) ging es im Süden wesentlich ruhiger zu. Schön gelegene Hochtäler mit kleinen Dörfern und vielen Indios mit ihren ‘Rundhüten’. Diese waren im Gegensatz zu den Latinos sehr zurückhaltend und wesentlich bedächtiger. Es war oft nicht einfach ihnen ein Lächeln zu entlocken. Aber auch sie waren neugierig. Hielt man z.B. an einer Ausfallstraße an welcher mehrere auf Ihre Busse warteten, wurde man sogleich umzingelt und mit den klassischen Fragen bombardiert.
Bis Cuenca wurde es landschaftlich karger, die Täler wesentlich enger und die Straße auch steiler. Cuenca selbst war eine große historische Stadt mit vielen, sehr schönen Kolonialbauten. Ein Ort um länger zu verweilen, hatte dieser endlich einmal Charme, welchen ich in Ecuador bisher vermisste. Die Städte davor bestanden vorwiegend aus lieblosen, grauen Gebäuden mit Betonhohlblocksteinen, waren oft sehr staubig und auch dreckig. Nichts was man gesehen haben müsste.
Je weiter ich auf der Tour nach Süden kam, desto größer wurde gerade außerhalb der Städte das ‘Hundeproblem’. Seit Panama nahm es stetig zu. Frei herumlaufende ‘perros’ konnten einem das Radlerleben schwer machen. Gerade bei Abfahrten, schnellten sie pfeilschnell von der Seite auf die Straße. Kamen zusätzlich noch Autos von hinten ergaben sich ziemlich brenzlige Situationen. Da half mein ‘Dogkiller’ Stock auch nichts. Mit dem hinten quer gespannten Stecken konnte ich schon einige Vierbeiner vertreiben, andere holten sich eine blutige Nase und wenn es so weiterging gibt es auch die erste Kerbe. Mein Mitleid mit den Viechern hält sich mittlerweile in Grenzen.
Von Loja an verließ ich die PanAm und fuhr direkt nach Süden durch die ‘Hintertür’ bis Peru. Die ersten gut 100km ging es noch auf einer neuen und frisch asphaltierten Straße, danach war es mehr oder weniger eine Dauerbaustelle. Das Wetter wurde zudem schlechter und es regnete, was die Lehmpiste zu einer ‘Schlammschlacht’ werden lies. Zusätzlich riss mir noch meine Hinterradfelge an der Flanke und ich konnte nur mit einer Bremse die gut 10% Steigungen abfahren. Für mich hieß das schieben, konnte ich den schweren ‘Bock’ nicht halten. Summasumarum wurde es anstrengend und ich kam teilweise nur 35km am Tag vorwärts. In Zumba, der Letzten ‘großen’ Stadt versuchte ich mein Glück beim örtlichen Fahrradmechaniker. Ein Desaster, hatte dieser zwar eine brauchbare Felge, jedoch keine passenden Speichen. Meine alten waren zu lang. ‘no problemo, – hasta manana’, das alte Latinospiel. Ich hatte keine andere Wahl, die nächste Stadt war einfach zu weit. So zeigte ich ihm wie er einspeichen sollte und wartete. Am nächsten Morgen traf mich fast der Schlag. Es drehte sich nichts mehr, die Bremsen total verstellt, das Rad komplett aus der Mitte und mit heftigem Seiten,- und Höhenschlag. Ich fummelte und zentrierte zwei Stunden lang herum und konnte, dank des ‘Latinogemurkses’ irgendwie wieder fahren und auch bremsen. So war ich endlich mal froh um meinen 26 Zoll Traktor, denn ich bekam sogar in der Pampa Ersatzteile.
Trotzdem: In Ländern wie diesen ist es hin und wieder ein Nachteil Schwabe zu sein: Bekommt man bei dem ‘gemurkse’ manchmal das Grausen.
Jetzt waren es nur noch 25km bis zur Grenze – aber was für welche, steil und schlammig! Trotzdem – ENDLICH IN PERU!

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